Armenier als Ethnie entstanden auf dem Gebiet des armenischen Hochlandes im II bis I Jahrhundert v. Chr. Sie durchliefen alle Entwicklungsstufen moderner Nationen, von primitiven Stämmen bis zur kapitalistischen Gesellschaft. In der Antike verursachten die Stammes Wanderungen keine signifikanten Veränderungen in den durchschnittlichen anthropologischen Indikatoren der Bewohner des armenischen Hochlandes, was zur Erhaltung des alten lokalen Erscheinungsbildes führte.
Nach neueren wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich der Genpool der Armenier, insbesondere der Frauen, seit etwa 4000 Jahren nicht verändert, zudem war er immer einer der benachbarten Nationen. Somit sind die Armenier unmittelbare Nachkommen der alten Bewohner des armenischen Hochlandes.
Die Armenier als Ethnie entstanden als das Folge der Fragmentierung der gemeinsamen indoeuropäischen Sprache. Die Heimat der Sprachfamilie ist das armenische Hochland und die angrenzenden Gebiete: Nordmesopotamien, östliches Kleinasien und der Norden des iranischen Hochlandes. Bereits in der Jungsteinzeit teilten sich die indoeuropäischen Stämme in verschiedene Dialekte und nachher auch in verwandte Sprachen auf. Seitdem wird das armenische Hochland von Stämmen der armenoiden Rasse bewohnt.

Karte mit dem Bild von Armenien aus dem alten Babylon, v. Chr. VII VI Jahrhunderte
Die überlebenden Volkslegenden über den Ursprung, den Namen und die Bildung der Armenier sind nicht weit von der historischen Wahrheit entfernt. Der armenische genealogische Mythos, der von Movses Khorenatsi (5. Jahrhundert) geschrieben wurde, betrachtet Hayk als einen Namensgeber des armenischen Volkes, und sein ausländischer Name „Armenner“ assoziiert mit dem Namen eines von Hayks Nachfolgern, Aram.
An der Bildung der armenischen Nation waren verschiedene Stämme und Stammesverbände beteiligt, Vertreter sowohl der indoeuropäischen als auch benachbarter Sprachfamilien. Nach und nach verschmolzen sie zu einer zusammenhängenden Nation. Jeder Stamm oder Stammesverband, der an der Bildung des armenischen Volkes teilnahm, nahm die Sprache und den ethnischen Namen der armenischen Stämme an, während er sein anthropologisches Bild, seine Sprache, seine materielle oder spirituelle Kultur weitergab
Forscher haben „Haj“ mit dem Namen des Landes in Hocharmenien und Kleinarmenien verbunden, das in den hethitischen Inschriften als Hajasa erwähnt wurde. In der Bibel wird dieses Land als das „Haus Torgomai“ erwähnt. Der armenische Nachname „Haj“ entspricht semantisch dem verbreiteten indoeuropäischen Nachnamen Arja – Herr, Master, eventuell mit dem Unterschied, dass der soziale Aspekt des Begriffs in der armenischen Sprache deutlich erkennbar ist.
Der Prozess der armenischen Nationsbildung wurde noch intensiver während der Periode des Urartäischen Reiches (IX-VII Jh. v. Chr.), als die Stämme des armenischen Hochlandes eine geopolitische Einheit im Rahmen dieses einzigen stabilen Staates erreichten. Viele Probleme der Vorgeschichte der armenischen Ethnogenese sind direkt mit Urartu verbunden, dem ersten Staat, der das armenische Hochland in ein Königreich vereinigte (IX-VII Jahrhundert v. Chr.). Die Sprache der urartäischen Inschriften ist nicht Armenisch. Daher verbreitete sich im 19. und 20. Jahrhundert die These, dass die Armenier Fremde wären und sie später in das armenische Hochland eingewandert wären. Allerdings befand sich die Heimat der urartäischen Dynastie im südlichen Teil des Hochlandes, das nicht zum urartäischen Staat gehörte. Neuere Studien zeigen, dass der Anker des Reiches eine kleine Gemeinschaft urartäisch sprechender Menschen war, während die Mehrheit der Bevölkerung aus anderen ethnischen Stämmen bestand, hauptsächlich aus Vorameniern.

Die dreisprachige Inschrift von König Darius I. in Behistun, 6. Jahrhundert v. Chr.
Ende des 2. und Anfang des 1. Jahrhunderts v. Chr. werden die auf dem armenischen Hochland lebenden Stämme in assyrisch-babylonischen Keil-Inschriften unter verschiedenen Namen erwähnt, aber sie galten als staatlich-politische Einheiten. Der Prozess der Nationsbildung wurde besonders während der Periode des urartäischen Staates (IX-VII Jahrhundert v. Chr.) intensiver, als die Stämme des armenischen Hochlandes eine geopolitische Einheit im Rahmen dieser vereinigten festen Staatlichkeit erreichten. Bereits Ende des siebten und Anfang des sechsten Jahrhunderts v. Chr. wurde in einer Reihe von Büchern des Alten Testaments, in achämenidischen Inschriften, in den Werken altgriechischer Autoren und in anderen Quellen das armenische Hochland als ein vereinigtes Land dargestellt. In den dreisprachigen Inschriften der achämenidischen Könige wurde Armenien auf Akkadisch als „Urashtu“ (Urartu), auf Altpersisch „Armina“, auf Elamisch „Harminuja“ bezeichnet, während die Armenier „Urashtaja“, „Arminia“ bzw. „Harminuja“ genannt wurden. Im sechsten Jahrhundert v. Chr. wurde in der „Weltkarte“ vom griechischen Schriftsteller Hekataios von Milet der Name „Armenien“ erwähnt, und die Armenier wurden als „Armenner“ bezeichnet.
Während der Periode der Orontiden (Yervanduni) (Ende des VII Jh. v. Chr. – IV. Jh. v. Chr.) wurde der Prozess der armenischen Nationsbildung abgeschlossen. Nach den griechisch-mazedonischen Eroberungen (IV Jahrhundert v. Chr.) stellten griechische Autoren Armenien als ein einsprachiges und vereinigtes Land dar. Aufgrund dieser Vereinigung gründete Artaxias I (189-160 v. Chr.) das Königreich Großarmenien, das seinen Höhepunkt während der Herrschaft von Tigranes II dem Großen (95-55 v. Chr.) erreichte. Armenier lebten in Zeiten der Arsakiden, die im 1. Jahrhundert an die Macht kamen, nicht nur im armenischen Hochland selbst, sondern auch in Nordmesopotamien, im östlichen Teil Kleinasiens. In dem rund 312 Tausend qm. umfassenden Großarmenien lebten über 4 Millionen Armenier.
Nach der Annahme des Christentums als Staatsreligion im Jahre 301 wurde das armenische Selbstverständnis weitgehend mit der Zugehörigkeit zur armenisch-apostolischen Kirche verbunden. Armenier haben ihre eigene Schrift seit dem Jahr 405.
Seit dem IX. Jahrhundert wanderten wegen der schwierigen geopolitischen Lage viele Armenier aus der Heimat aus und etablierten sich in verschiedenen Ländern. Im Jahr 1080 gründeten Armenier einen unabhängigen Staat in Kilikien, im Südosten Kleinasiens. Die Auswanderung der Armenier verstärkte sich besonders im XII-XVIII Jahrhundert, während der Mongoleninvasionen und der türkisch-persischen Herrschaft.

Die armenische Familie vor dem großen Völkermord
Die Vereinigung des größten Teils Ostarmeniens mit Russland (1828) war ein historisch neuer Meilenstein für die Armenier, durch den dieser Teil Armeniens zum Zentrum der armenischen nationalen Vereinigung, der geistigen und kulturellen Wiederbelebung wurde. In dieser Zeit begann die Entwicklung der Armenier als moderne Nation und endete am Ende des 19. Jahrhunderts. Der sozial-nationale Druck verstärkte das nationale Bewusstsein der Armenier und es brach ein national-befreiender Kampf aus, der leider harte Schwierigkeiten erleben musste. Aufgrund der islamistischen Politik unter der Regentschaft des Sultanats in den Jahren 1894-1896 wurden über 300. 000 Armenier getötet. Die Frage des Überlebens der Armenier im Osmanischen Reich und der Wiederherstellung der armenischen Staatlichkeit wurde zum Gegenstand von Verhandlungen der Diplomatie der europäischen Großmächte. Im Jahr 1915 wurden durch den Völkermord unter der Herrschaft der Jungtürken mehr als 1,5 Millionen Armenier getötet und Westarmenien verlor praktisch alle seine armenischen Bewohner. Die Armenier, die den Genozid überleben konnten, wurden in verschiedene Länder deportiert; mehr als 300.000 etablierten sich im Kaukasus und in anderen Gebieten Russlands. Es entstand die armenische Diaspora.